Generell Generalist

Ein Kommentar zu dem Bild mit dem Schild „generell 50“, das ich vor kurzem in Facebook veröffentlicht habe, hat mich an den guten Ratschlag eines Verlegers vor bald 20 Jahren erinnert: „Bleiben Sie Generalist!“ Der damalige Verlagsleiter des Verlag Huber (Frauenfeld), Hansrudolf Frey, meinte also, ich sollte mich nicht zu eng spezialisieren.  
Beim Begriff Generalist wird man in Wikipedia auf das Stichwort Universalgelehrter verwiesen, so breit gebildet wie die klassischen Vertreter dieser Art ist allerdings heute kaum noch jemand. Mich faszinieren aber immer Wissenschaftler und Publizisten, die in mehreren, ganz unterschiedlichen Disziplinen zuhause sind, wie es etwa Al Imfeld (1935 – 2017) war: Theologe und Agrarökonom, Experte für Entwicklungssoziologie und Tropenlandwirtschaft, Schriftsteller und Geschichtensammler.
Generalist bin ich schon von den Studien der Sozial- und Geisteswissenschaften her (Politik und Linguistik), wobei ich die Fächer nicht jedes für sich studiert, sondern möglichst verbunden habe, mit Themen wie Sprach(en)politik und politische Sprache. Spannend wird es immer, wenn verschiedene Disziplinen zusammenkommen – in der Wissenschaft wie auch im Journalismus und bei Sachbüchern. Ich schreibe Bücher, die einen gewissen Vollständigkeitsanspruch haben, wie es die Bücher über die „wichtigsten“ Berge Baden-Württembergs (2012) und der Schweiz (2018) sind – das nächste Schweiz-Projekt wird ähnlich generalistisch.  
Und zu meinen Lieblingsthemen, über die ich mit größerer Leidenschaft erzähle als über die anderen, gehören solche, bei denen mehrere Disziplinen zusammenkommen: Brücken, vor allem die älteren, berichten von Verkehrs- und Technikgeschichte, sie zeigen Baukultur, Ästhetik und Symbolik. Ebenso wird das Buch über eine Konstanzer Kirche, das ich demnächst abschließe, mehr als nur ein Kirchenführer: schon fast eine kleine Stadtgeschichte des 17. bis 19. Jahrhunderts.
Generell heißt aber nicht ausschließlich – in manchen Fällen ist es nötig, sich ganz auf das Wesentliche, auf den Kern der Sache zu fokussieren

P.S.: Beispielhaft und bahnbrechend für interdisziplinäre Studien war auch das Büchlein „De statu corruptionis. Entscheidungslogische Einübungen in die Höhere Amoralität“, das 1980 im Konstanzer Faude Verlag erschienen ist. Es enthält als grafischen Anhang eine Darstellung des Verhältnisses von drei verschiedenen Wissenschaften.


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