Auszeichnung „Beispielhaftes Bauen“ im Landkreis Konstanz
Dass ich für meine Texte – und gelegentlich auch für Fotos – Komplimente bekomme, ist für mich schon lange normal. Eine neue Form der Anerkennung war vor einem halben Jahr die Einladung, als Sachjuror an der Auswahl der Objekte für die Auszeichnung „Beispielhaftes Bauen“ im Landkreis Konstanz teilzunehmen. Der Preis wird etwa alle fünf Jahre von der Architektenkammer Baden-Württemberg vergeben und zeichnet nicht „gute“ oder „schöne“ Bauten aus, sondern eben solche, die als Beispiel für bestimmte Bauaufgaben dienen können.
Ein Objekt in Konstanz wurde von der Jury genau inspiziert.
Das ist schon eine Ehre, aber sie macht auch Arbeit, an zwei Tagen in der letzten Septemberwoche: Aus etwa 80 eingereichten Objekten mussten etwa 30 ausgewählt werden, wobei zuerst nach den Präsentationen eine Vorauswahl getroffen wurde, und dann auf Grund einer Besichtigung vor Ort geprüft wurde, ob sie den Preis wirklich verdient haben. Das ergab dann zwei lange Sitzungen am Anfang und Ende, dazwischen zwei Rundfahrten durch den Landkreis, bei denen für jedes Objekt höchstens eine Viertelstunde Zeit war.
Dabei war ich einer von sieben in der Jury, bei der die Architekten immer in der Mehrheit sein müssen, damit sie nicht durch die „Laien“ überstimmt werden können. Außer mir als Architekturjournalist waren noch der Leiter einer privaten Hochschule und eine Architekturfotografin dabei, die aber auch Innenarchitektur studiert hatte. Ich war der einzige, der schon sehr lange in Konstanz lebt und bei manchen Bauten auch die entsprechende Ortskenntnis einbringen konnte, z.B. beim Ruderverein Neptun, bei dem der Stadtgesellschaft ein barrierefreier Zugang zum Restaurant gegeben wurde – aber vor dem Umbau war auch der Hof noch öffentlich.
Eine so gemischte Jury hat immer unterschiedliche Präferenzen, und bei einigen Objekten gab es nur eine knappe Mehrheit dafür. Eine dieser Entscheidungen wurde dann auch beim Pressegespräch zur Vorstellung der Ergebnisse vom Kammervorsitzenden bestätigt: „Wenn jemand fünf Millionen in die Hand nimmt, um für seine Familie ein Haus mit 300 Quadratmetern Wohnfläche zu bauen, dann ist das sicher nicht beispielhaft.“ (im Südkurier, 14.10.2024, nach dem Pressegespräch zitiert)
Meine Favoriten waren unter anderem die Vinothek auf der Reichenau, die Markolfhalle in Markelfingen, die evangelische Christuskirche in Radolfzell, das Hotel Seehörnle (Innengestaltung von Heike Rahmen) in Gaienhofen-Horn.
(kommt noch mehr …)
Sicher hatten nicht alle ein besonderes Interesse am Kirchenbau, aber die Kirche St. Oswald in Stockach war für die ganze Gruppe der Höhepunkt am Ende des zweiten Tages. Der Umbau dieser frühmodernen Kirche für die Bedürfnisse unserer Zeit war so überzeugend, z.B. mit der Neupositionierung der vorderen Kirchenbänke zu einem Halbkreis mit fleißendem Übergang zu den geraden Bänken, dass die ganze Gruppe davon begeistert war – dann hat sie diese Auszeichnung auf jeden Fall verdient.
Im kleinen Park des Pflegeheims Zoffingen in Konstanz
Der mittelgroße Tourbus vor der Markolfhalle in Radolfzell-Markelfingen
Die gebogenen Bankreihen in der Kirche St. Oswald
Die Jury vor der Seebühne in Allensbach
(Foto von der Architektenkammer Baden-Württemberg)