Käse und Katzenleitern

25 Jahre akzent – ein Rückblick        

Die Reportage über die Bahnhofsrestaurants rund um den Bodensee im Mai im „akzent“ war meine letzte in diesem Magazin, zu dem ich über das Thema Käse vor 25 Jahren gekommen bin.  
Ein guter Anlass für einen Rückblick auf meine „Best of“, die ich hier veröffentlichen konnte, also vor allem in dem Monatsmagazin akzent – meine Beiträge in dessen gastronomisch-kulinarischem Ableger Seezunge wären ein Thema für sich.  
Bei einem Vierteljahrhundert können es nur ein paar Schlaglichter sein – um nicht das Modewort „Highlights“ zu benutzen, das ich in den Stilempfehlungen der Redaktion auf die Liste der „Unwörter“ gesetzt (s.u.) habe.

Kulinarisches und Gastronomisches 
Aus der ersten Geschichte für die Seezunge, einer Reportage über Dorfkäsereien im Thurgau, hat es sich dann ergeben, dass ich in unregelmäßigen Abständen auch für die Rubrik „Seezunge“ im akzent geschrieben habe. Es waren fast immer Themen, die ich der Redaktion vorgeschlagen habe, weil sie mir aus dem einen oder anderen Grund wichtig waren – meistens mit einer Erkenntnisfrage:
Wird Rhabarber in der Gastronomie – der Botanik entsprechend (und wie ich selbst es schon lange gemacht habe!) – als Gemüse verwendet? Hubert Neidhart vom Grünen Baum in Moos hat sich darauf eingelassen und ein für die Höri typisches Gericht kreiert: „Lachsforellenfilet im Sesammantel mit Rhabarbergemüse und Frühlingszwiebeln“. (5/2001)
Was wäre die „Mittelmeer-Küche“, die oft nur von italienischen Restaurants auf das Schild geschrieben wird, wenn der Begriff tatsächlich umgesetzt würde? Die Antwort war ein multikulturelles Menü mit mehreren Gängen rund um das Mittelmeer, im Restaurant der Galerie Vayhinger in Möggingen. (6/2002) – Vom Großen zum Kleinen: Die internationale Bodensee-Küche in vier Menüs aus drei Ländern war dann erst drei Jahre später mein Thema. (4/2005)
Wo kann man im Winter schön über dem Nebel in der Sonne sitzen, wenn es über dem See nur grau ist? Mit meinem akademischen Hintergrund bin ich systematisch vorgegangen: Nebelobergrenze 700 Meter / 900 m / 1100 m … (3/2002)  Und vier Jahre später kam das sommerliche Pendant: Wo kann man im Hochsommer schön schattig in einem Tobel essen? (7/2006)
In den „Nullerjahren“ ist ein neuer Trend aufgekommen, in Restaurants und Kneipen lange Tische aufzustellen: Woher kommt das, welchem Bedürfnis entspricht es? Kommunikation für die Single-Gesellschaft! (akzent 7/2007)
Was würde heute, in Zeiten digitaler Medien, in einem Restaurant-Knigge stehen? Im Sinne des legendären Freiherrn („Über den Umgang mit Menschen“!) wären darin keine Regeln über den Gebrauch von Besteck und Gläsern, sondern für den Gebrauch das Handys/Smartphones, dazu eine Beschränkung der Gespräche (analog zu: „Musik in Zimmerlautstärke!“) auf „Tischlautstärke“. (11/2009)

Besondere Themen 
Im akzent war ich von Anfang an der Autor für besondere Aufgaben und Themen, außerdem das „wandelnde Bodensee-Lexikon“.   
Drei Beispiele für Artikel, die mir deshalb übertragen wurden:
– Nachdem die Zeitschrift schon ein paar Jahre lang den Untertitel „für die Großstadt Bodensee“ hatte, sollte ich im April 2001 erklären, was eine Großstadt ist und was der Begriff konkret für die Region bedeutet: statistisch, städtebaulich und vom Lebensgefühl her – am Beispiel der regionalen Zentren Bregenz, St. Gallen und Konstanz.
– Eine der großen „Skandalgeschichten“ war die über den Koch im Landkreis Konstanz, der für einen kleinen Kreis von Gästen gelegentlich einen Schwan zubereitet (Januar 2003). Zu dem Text von Markus Hotz durfte ich die kulturellen Hintergründe beitragen: Warum essen wir Enten und Gänse, aber keinen Schwan? Es gab natürlich die erwarteten empörten Leserbriefe, der Name des Kochs ist aber bis heute nicht bekannt, zumindest nicht mir.
– Im Herbst 2015 wollte das Magazin sich durch einen größeren Artikel zum Thema Flüchtlinge + Asyl profilieren – und wer sollte es machen? Natürlich der Redakteur für besondere Aufgaben! Dabei hatte ich große Freiheit, das Thema umzusetzen, und so gab es neben einem ausführlichen Vergleich der Situation in den drei Ländern auch ein Portrait der aus der Türkei stammenden Sängerin Serenat Ezgican Akkurt, die Lieder in einem ganzen Dutzend Sprachen singt. Die Geschichte war mit einem Schweizer Straßenschild „Asylstrasse“ illustriert, was sich natürlich nicht auf heutige Asylfragen bezieht, sondern vermutlich auf ein Obdachlosenasyl im 19. Jahrhundert.   
Und wenn ich in der Redaktion war, konnte auch jede/r  mit stilistischen oder geographischen Fragen zu mir kommen, z.B.: „Gehört der Ort noch zur Bodensee-Region?“ (oft nicht mit einem Wort zu beantworten!) – Daraus ist dann ein interner Ratgeber für stilistische und orthografische Fragen entstanden, zu dem ein Redakteur der „Heimatzeitung“ mal gesagt hat, besser wären die internen Ausbildungsmaterialien bei ihnen auch nicht. 

Einige meiner nicht-journalistischen Interventionen hatten eine nachhaltige Wirkung oder waren zumindest noch lange danach ein Gesprächsthema – z.B. die kleine Wanderung im Juni 2002. Damals gab es einen Betriebsausflug, der auf meinen Vorschlag hin auf das Hörnli führte, einen der nächstgelegenen Aussichtsberge der Schweizer Voralpen, der auch den Vorteil hat, dass es vom letzten Parkplatz nur etwa eine Dreiviertelstunde auf den Gipfel (1133 m) ist. Das war etwa der Minimalkonsens für die Kondition der Gruppe. Bei der Vermessungspyramide oben konnte ich dann erklären, warum der Berg trotz der geringen Höhe geografisch bedeutend ist: Size doesn’t matter gilt auch bei Bergen.

Architektur im „Seeraum“  
Von 2003 bis 2022 war ich für die Rubrik Seeraum zuständig, die hier schon öfters ein Thema war. Sie ist weit über die Architektur hinausgegangen, mit touristisch interessanten Bauten wie Aussichtstürme und Museen, Denkmalschutz-Themen wie der Denkmal-Tag im September und der Schweizer Wakker-Preis, aber auch Randthemen wie Katzenleitern.
Die Rubrik war nach einiger Zeit auch bei den Architekten anerkannt und beim Publikum beliebt – eine der schönsten Anerkennungen war der mehrfach gehörte Satz: „Deine Rubrik ist der Grund, das Heft in die Hand zu nehmen!“

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Rhabarber-Geschichte (Mai 2001)

Großstadt Bodensee!? (April 2001)

Flüchtlinge + Asyl (Dezember 2015)

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